Trauma und Spiritualität
Der Überlebensmechanismus bewirkt nicht nur, dass schmerzliche Gefühle abgeschnitten werden, sondern auch angenehme. Die Fähigkeit, sich zu freuen und zu lieben, wird beeinträchtigt:
„Nur wer die Liebe meidet, kann dem Schmerz entgehen. Es kommt darauf an, aus ihm zu lernen und weiterhin durch Liebe verwundbar zu sein.“
John Brantner
D.h. ein Trauma kann uns auch von der Liebe, von unserem Herzen, von der spirituellen Quelle abschneiden! Dies geschieht insbesondere bei spirituellem / geistlichen Missbrauch leider häufig. Am Ende fühlen Betroffene sich doppelt allein gelassen: von den Menschen und von Gott!
Umgekehrt kann Traumatherapie uns dieser Quelle wieder näher bringen.
Die Mystiker haben dies geahnt:
Die Seele nimmt ihr ganzes Sein unmittelbar aus Gott.
Darum ist Gott der Seele näher, als sie sich selbst ist,
und darum ist Gott im Grunde der Seele mit seiner ganzen Gottheit.
Meister Eckhard
Also soll der Mensch mit großem Fleiß sich selber umgraben und in seinen Grund sehen.
Johannes Tauler
Die Erkenntnis von bzw. der Kontakt mit den eigenen inneren verletzten Anteilen ist vor Gott wertvoller als alles äußeres Wissen:
Sich selbst erkennen, wie man in Wahrheit ist,
das ist mehr wert als alle Wissenschaft.
Wenn du dich selbst erkennst, bist du vor Gott besser,
als wenn du, ohne dich selbst zu kennen,
die Bewegungen des Himmels,
aller Planeten und Sterne,
die Kraft aller Kräuter,
das Wesen aller Menschen und Tiere verstündest
und wenn du dazu noch die Kunst aller derer hättest,
die im Himmel und auf der Erde sind.
Es war nie ein Weg in die Welt hinaus so gut,
dass es für einen Menschen nicht besser gewesen wäre,
zu sich selbst zu kommen.
Eine deutsche Theologie
Diese drei Zitate nach Zink, Gotteswahrnehmung, 243-245
Literatur hier
Stahl, Andreas, “Wo warst Du, Gott?” Glaube nach Gewalterfahrungen - sehr gut lesbare Zusammenfassung seiner Dissertation. Mit Recht fordert er eine traumasensible Theologie, Spiritualität und Kirche / Gemeinschaften.